Die Turmfenster

Die jedoch auffälligsten und wandelbarsten Fenster sind die Fenster an der Westwand am Turm. Sie sind je 3,50 mal 7 Meter groß. Das Fenster auf der Epistelseite zeigt das kommende Gericht und das auf der Evangelienseite die Anbetung des Lammes. Beide Fenster wurden von Robert Rexhausen in Anlehnung an den Text der Apokalypse des Apostels Johannes entworfen. Das Gerichtsfenster enthält eine Mandorla, die von den Flügeln der himmlischen Geister umgeben wird. Auf dem leeren Gerichtsthron sind zu sehen eine Königskrone als Zeichen Seiner allumfassenden Herrschaft, das Schwert als Zeichen jenes Urteils, das aus Seinem Munde fahren wird, um alle Völker zu richten. Neben dem Thron schweben viele Sterne, denn das Weltall ist Ihm untertan. Vor dem Thron liegt das Gerichtsbuch als Hinweis auf seine Göttliche Allwissenheit, der keine Verteidigung widerstehen kann. Noch ist der Thron leer, denn das Gericht hat noch nicht begonnen. Der leere Thron mahnt: „Seid bereit, denn ihr wisset weder den Tag noch die Stunde!“ (Mt. 25,13).

 

Unter der Madorla sind in einer waagerechten Reihe fünf Wabenfenster mit Gerichtsattributen angeordnet: Die Oranten (Betenden) Maria und der Johannes der Täufer schauen zum Thron auf und legen Fürbitte für die Menschen ein. Im Mittelfeld ist die Gerichtswaage zu sehen, auf der die Seele, dargestellt durch das christliche Symbol des Fisches, gewogen und durch das Gegengewicht des Kreuzes gerettet wird. Die beiden restlichen Feldern enthalten die Passionswerkzeuge Jesu, die Dornenkrone, die Lanze, der Rock und die fünf Wunden. Diese Werkzeuge werden sich im Gericht als Werkzeuge der Mach und des Sieges erweisen, aber auch als die Zeichen der Rettung und Auserwählung all derer, die ihnen nicht widersprochen haben (Lk. 2,34).

 

Auch im Anbetungsfenster ist eine Mandorla mit dem Lamm Gottes, das wieder von den Flügeln der himmlischen Geister umgeben wird. Es ist das Lamm Gottes mit den sieben Hörnern, Symbol der Machtfülle, übersät mit Augen, dem Symbol der Allwissenheit. Es steht auf dem Buch mit den sieben Siegeln, welches nur vom Lamm geöffnet werden kann (Offb. 5,1-7). Unter der Mandorla sind wieder fünf Wabenfelder mit ergänzenden Attributen angeordnet. Im Mittelfeld der steht der Opferaltar, auf dem die Flamm der Anbetung brennt. Aus einem Räuchergefäß steigt Weihrauch empor, das sind die Gebete der Heiligen (Offb. 8,3f.). Die beiden äußeren Waben zeigen Musikinstrumente, wie sie in der Apokalypse als Attribute der himmlischen Liturgie genannt werden. Die beiden Felder seitlich der Mittelwabe enthalten sieben Leuchter. Jeder von ihnen stellt eine von den sieben Gemeinden Kleinasiens dar, an welche die sieben Sendschreiben der Apokalypse gerichtet sind. Einer von ihnen wankt und droht sein Licht zu verlieren. So sind alle christlichen Gemeinden der ganzen Welt in den brennenden Leuchtern vor dem himmlischen Altar symbolisch vertreten. Dies bedeutet, dass Gott eine jede Gemeinde kennt. Er weiß um ihr Schicksal, ihren Glauben, und weiß um ihre Treue, die er nicht übersieht.

 

Die beiden Fenster wollen aber auch eine Mahnung zum Ausdruck bringen: Unglaube und Untreue können dazu führen, dass Gott einen Leuchter „von seiner Stelle rückt“ (Offb. 2,5).

 

Die glastechnische Besonderheit beider Fenster liegt in der Eigenart des Fonds. Während die geschilderten Felder auf farblosem, gewischten Antikglas zu sehen sind, besteht die gesamte frei bleibende Fläche aus Linienglas, in das reines Gold eingebrannt wurde. Das Gold wurde mit einem Pinsel in unterschiedlicher Menge auf die Fenster aufgetragen und erhielt so eine wechselnde Transparenz mit weichen Übergängen zwischen Violett, Blau und Weinrot. Vom Innenhof her erscheint das Fenster bei Tage als eine Goldwand, auf die das Sonnenlicht fällt. Sie erinnern an die Goldgründe der Ikonen, die das Ewig-Göttliche, den unwandelbaren Glanz Gottes bedeuten. Zum Abend hin ändert sich das Erscheinungsbild der Fenster. Die Fenster erhalten ihren Reiz durch das eingedampfte Gold, welches die himmlische Atmosphäre darstellen soll. Bei Dunkelheit kehren sich die Eindrücke um, dann erscheinen sie im Innern der Kirche als Goldwand.

  

 

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